DAS GEHEIMNIS DER RUSSISCHEN SPORTGENE
4. FOLGE – BLESK

Wiederentdeckt und begehrt: Russen-Trakehner und ihr kostbares Erbgut - Eine Analyse der Züchter-Stammtisch-Post.

Die Russen kommen. Langsam und gewaltig. Ein Phänomen wirbelt die internationale Zuchtszene durcheinander, seit Vererber aus Russland für überragende Leistungen in Dressur und Springen stehen. Biotop, Prints, Waitaki, Perechlest oder Rusty – die Russen-Trakehner haben eines gemeinsam: Ausstrahlung und Leistungsbereitschaft. Die Pedigrees lüften das Geheimnis um die Gene dieser bedeutenden Hengste aus Kirow: Hockey, Topki, Blesk oder Pepel. Das zweite Phänomen. Diese Gene haben sich in Sport und Zeine sportlichen Qualitäten bewies.

Sie zählte zu den letzten Nachrichten, die sich in der Aura von Zucht und Sport über den Größten unter allen Dressurreitern ausbreitete: Reiner Klimke, der promovierte Rechtsanwalt aus Münster und Multi-Weltmeister sowie – Olympiasieger, schließt nicht aus, den Russen-Trakehner Biotop im Jahr 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney zu satteln. Seine Freunde wüssten es: Seit der geniale Reitersmann den genialen Rappen aus Kirow ritt, fiel es ihm schwer, sich endgültig von der großen Dressur-Bühne zu verabschieden. Biotop hatte die Reiter-Legende neu motiviert und dem Genie ganz neuen Spaß bereitet.

Klimkes Vemächtnis

Dr. Reiner Klimke ist tot. Aber Biotop lebt weiter – als Zuchtjuwel und Dressurpferd unter Ingrid Klimke. Der Traumhengst bleibt in der Familie. Der immer festlich schwarz Gekleidete ist eines der spektakulären Vermächtnisse des Dressur-Kaisers. Als Zucht- und Sporthengst.

Erst in den letzten beiden Jahren, seit Biotop im Deckeinsatz ist, hat sich die breite Züchterschaft für die Herkunft des Rappen interessiert. Vater: Blesk, geboren 1976 in Kirow, Rappe, Stockmaß: 1,72 Meter. Die Mutter stammt von Hockey ab. über Hockey hatten wir in der ersten Folge über die Russen· Trakehner ausführlich berichtet Aber Blesk- was macht die Qualität dieses Beschälers aus Kirow aus?

 

Der in Schralling gezogene Trakehnerhengst Skandau führt enge Blutgene über seinen Vater Singolo von Biotop Blesk.

Starker Hengst

Wir wissen nicht so viel über ihn wie über Hockey, Topki oder Pepel, die überragenden Vererber, deren Nachzucht auch in Deutschland Schlagzeilen macht. Aber Karl Wilhelm aus dem sächsischen Stockhausen, einer der besten Kenner der russischen Sportgene, formuliert ebenso simpel wie prägnant: „Wenn Blesk der Vater von Biotop ist, muss er ein starker Hengst gewesen sein." Selbst Karl Wilhelm, der die meisten Top-Beschäler aus Kirow und deren Nachzucht selber gesehen hat, weiß wenig Konkretes in Sachen Sport über Biotops Vater.

Und Perechlest?

Ein bisschen mehr kann lila Salzgeber aus Bad Wörishofen, Welt- und Europameisterin in der Dressur, sagen. Sie hat den Hockey-Sohn Perechlest, der eine Blesk-Mutter hat, gerade zu mehreren Grand-Prix-Siegen gebracht. Und ein Blesk-Sohn, der sich unter ihr Erfolg versprechend entwickelte, ist nach Österreich verkauft worden: Oblik, jetzt 16 Jahre alt. Ein weiterer Blesk-Sohn, den die Dressur-Queen ritt, brach sich ein Bein und musste eingeschläfert werden.

Ulla Salzgeber schwärmt

"Alle drei", sagte lila Salzgeber der ZüchterStammtisch-Post, „hatten die herrlichen Bewegungen, den guten Charakter und die schönen Gesichter gemeinsam." Von Perechlest, neben Rusty und Wallstreet ihr Top-pferd, verspricht sie sich noch einiges. Der Hengst ist jetzt elf Jahre alt. Blesk – selbst Palle Thisted aus dem dänischen Farvang, der den Hengst, gemeinsam mit Hockey und Topki, aus Kirow geholt hatte, weiß über Biotops Vater wenig zu sagen. Er hat nur noch kurze Zeit gelebt und ist nicht in den Deckeinsatz gegangen.

Der berühmte Pilger

Das Pedigree von Blesk kommentiert Karl Wilhelm allerdings im Handumdrehen und auswendig: Vater: Eol – und dann kommen mit Ostrjak, Ossian und Pilger nur noch Leistungsgene. Allein bei dem Namen Pilger kommt der Nestor der sächsischen pferdezucht ins Schwärmen. „Dessen Gene sind in allen Spitzenvererbem", sagt er und meint Pepel ebenso wie Topki, Waitaki, Sapros, Pawlin oder Amiego.

Wezels Lobgesang

Hans Ernst Wezel aus dem bayerischen Burgkirchen, Züchter von Peron, der gemeinsam mit Karl Wilhelm die Kirower Zuchtbücher überarbeitet und damit einen Schatz gehoben hat, schreibt: „Pilger ist bis in die heutige Zeit nicht mehr wegzudenken und wird durch die Leistungserfolge immer bedeutender und auffallender."

Pythagoras und Piligrim

Blesk ist ingezogen auf den berühmten Pythagoras, dessen Gene sich besonders beim Dressur-Crack und Olympiasieger Pepel gehäuft haben. Denn die Mutter, Bespetschnost, hat den bedeutenden Pythagoras-Sohn Piligrim, den Spitzen-Dressurvererber, als Großvater. Piligrim ist mütterlicherseits außerdem der Großvater von Ostrjak. Die interessante Gen-Mischung bei Blesk hat dazu geführt, dass der Hengst offenbar ebenso gut springen konnte wie seine Qualitäten im Dressur-Viereck zeigte. 1981 war er in Moskau Spring-Champion der UdSSR geworden. Dann ging er in den Deckeinsatz und hatte bis 1984 genau 33 Söhne und Töchter, darunter jenen 1984 geborenen Fuchshengst Oblik, den Ulla Salzgeber geritten hat.

Biotop und Perechlest

Interessant ist ein Vergleich zwischen Biotop (dreimal das Pythagoras-, zweimal das Piligrim Blut im Hintergrund) und Perechlest. Biotop: Blesk mal Hockey. Perechlest: Hockey mal Blesk. Womit deutlich wird, dass Reiner Klimkes Ausnahme-Hengst über Hockey auch die wichtigen Leistungsgene von Pomeranets und Priboj aus dem Vollblut-Araber-Gestüt in Tersk aufweist.

Was sich Karl Wilhelm wünscht

Es gibt keinen besseren Kenner der russischen Leistungsgene, die aus Trakehnen gekommen sind. Was Karl Wilhelm, 18 Jahre lang Gestütsleiter des sächsischen Gestüts Stockhausen, aber vermisst, ist: „ ... dass diese Gene zur Auffrischung in die Trakehner Zucht kommen. Dieses Blut aus Russland und Polen bietet sich geradezu an, der Trakehner Zucht einen Leistungsschub zu geben." Tatsache ist: Die Trakehner Verbandsfunktionäre haben trotz solcher Männer wie Gottfried Hoogen und Hans Ernst Wezel bis heute eine Abwehrhaltung an den Tag gelegt. Sie sind züchterisch wie sportlich in eine Sackgasse geraten. „Das Potenzial aus dem Osten ist noch viel größer", so Karl Wilhelm, „als die meisten es bisher wissen."